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Man stelle sich folgendes vor, es ist Kammerkonzert und alle gehen hin. Und ich meine dies nicht ironisch, sondern es war wirklich so. Am Sonntagmorgen war ich ein wenig spät dran, habe nur einen Bus verpasst und kam sehr knapp an. An der Theaterkasse wurde mir schon gesagt, es ist ausverkauft, wir stellen aber noch Stühle.

So kam ich also an und saß richtig weit außen im Foyer. Bitte nicht falsch versstehen! Es hat mich einfach richtig gefreut, dass so viele Menschen sonntagsmorgens aufstehen, um Dvorak und Ravel zu hören. Und dann komme ich auch noch fast zu spät – was für ein Desaster!

Als erstes gab es Antonin Dvorak mit dem Klaviertrio Nr. 4 op. 90 e-Moll („Dumky“ – Trio) aus dem Jahre 1890. Da sitzen nun also drei Musiker vor dieser Menge – Alexandra Wiedner mit ihrer Viola, Attila Hündöl mit seinem Violoncello und Cordula Hacke an ihrem Klavier. Warum ich diese drei Musiker erwähne? Weil diese drei Musiker einfach vom ersten Moment eine Einheit waren. Es hat sich einfach toll angehört und ich war begeistert, wie sich diese drei Instrumente mit ihren Musikern ergänzt haben. Die verschiedenen Passagen des Stückes wurden sehr gut wiedergegeben. Ich habe mir gerade dieses Stück gerade beim Schreiben an meinem PC angemacht, aber irgendwie klingt es anders. Es war im Foyer ein schönerer Klang, obwohl mein Platz bescheiden war. Irgendwie war das Zusammenspiel der drei Musiker wesentlich angenehmer, als die Aufnahme, die ich gerade höre. Der Klang war wärmer. Es war runder und die Musik hat mich mehr gefangen genommen. Natürlich macht auch das Ambiente etwas aus, aber das war es nicht alleine. Die Instrumente waren für meine Ohren viel angenehmer, und dies schon beim ersten Komponisten des Morgens.

Dementsprechend fiel auch der Applaus für die Musiker aus und ich musste erstmal sitzen bleiben, um das Gehörte sacken zu lassen. Doch dann hörte ich doch, wie mein Körper nach Kaffee geschrien hat und wie vorher beim Bus, verpasste ich den letzten Schluck Kaffee aus der Kaffeemaschine im Foyer. Das ist keine negative Kritik, sondern spiegelt nur meinen Morgen wieder und im Nachhinein musste ich nun doch ein wenig darüber lachen.

Komme ich nun zu Maurice Ravel, und seinem Klaviertrio in a-Moll aus dem Jahre 1914. In diesem Stück, muss ich einfach sagen, hat mich Cordula Hacke am Klavier wirklich begeistert. Ich hatte das Gefühl, sie konnte sich da einfach mehr …  wie soll ich es ausdrücken? Mir fällt da nur ein Wort ein, egal wie lange ich darüber Nachdenke. Sie tobte sich auf dem Klavier aus. Mit den verschiedenen Geschwindigkeiten, Lautstärken und Artikulationen kam sie einfach gut zurecht.

Dazu das Violoncello und auch die Viola, die sich wirklich gut eingefügt haben, ohne dass eines der Instrumente total dominant war. Gut, das Klavier war bei beiden Stücken immer wieder klar zu vernehmen und sicherlich auch dominant, aber es klang trotzdem wesentlich harmonischer, als ich es von Aufnahmen her kenne.

Alles in allem, war es ein toller Vormittag im Stadttheater Gießen. Noch etwas zu den Zuschauern. Es ist wie immer, das ältere Semester ist zwar in der Überzahl, aber überall saßen heute Morgen immer wieder Menschen, die wesentlich jünger waren als ich, auch teilweise Kinder, die mit ihren Großeltern da waren. Sie waren trotzdem still und wurden auch von der Musik gefangen genommen. Es war am Sonntagmorgen wesentlich bunter, wie ich es sonst nie in Symphoniekonzerten oder sonstigen Veranstaltungen erlebe.

Der Applaus nach Ravel war doch recht lange und ausgelassen. Vielleicht ging es ja einigen so wie mir, die einfach diese kuschelige Atmosphäre im Kammerkonzert noch mehr als bei anderen Veranstaltungen genießen. Man ist einfach noch etwas dichter dran und irgendwie ist es Schade, dass es so wenige Kammerkonzerte im Foyer gibt. Ich freue mich schon jetzt auf das nächste Kammerkonzert und hoffentlich verpasse ich ja dann den Bus nicht und bin etwas früher da.

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