sinfoniekonzert januar 2023 50

Nein, das Stadttheater Gießen wird nicht geschlossen! Es ist nur das Thema des heutigen Konzerts. Angefangen hat der Abend Ganze mit der Einführung von Ann-Christine Mecke. Ich denke, dass es sicherlich nicht die letzten Worte vor einem Konzert waren und noch viele folgen werden. Sie erklärt vieles zu den Stücken und lenkte das Augenmerk der Zuschauer auf das, was einen erwartete.

Sie erzählte einiges über Joseph Haydn und „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“, Ich hatte vorher mal wieder kein Blick auf das Programm geworfen und als sie sagte, dass es da sieben Teile à ca. 10 Minuten Länge gibt, hatte ich echt Angst, wie lange der heutige Abend werden würde. Vor allem, da ich ja noch Dimitri Schostakowitsch hören wollte, bekam ich doch ein wenig Angst. Aber die war dann auch gleich beseitigt, nachdem sie sagte, dass nur zwei Stücke davon gespielt werden.

Sie hat noch etwas mehr über das Stücken erklärt und ganz ehrlich, ich bin schon wieder neugierig. Ich glaube bei mir werden „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“ sicherlich noch mal komplett in den nächsten Tagen oder Wochen den Weg zu meinen Ohren finden.

Die zweite Komponistin, die am heutigen Abend zu hören war, war Sofia Gubaidulina. Das Stück nennt sich „Sieben Worte für Violoncello, Bajan und Streicher“. Es ist ein Werk der Zwölftonmusik und ganz ehrlich, diese Art von Musik war in der Schule nicht mein Freund und auch im Alter werden wir sicher nicht die besten Freunde, aber Frau Mecke hat auch da meine Sinne in eine Richtung geschoben, die ich sicherlich so nicht gefunden hätte, wenn es nicht die Einführung gegeben hätte. Aber dazu gleich mehr, denn bei der Einführung ging es auch um die Sinfonie Nr. 15 in A-Dur op.141 von vorhin schon genanntem Dimitri Schostakowitsch.

Und auch da wurde der Blick darauf gerichtet, dass es die letzte Sinfonie von Schostakowitsch ist, und dass man dies auch in diesem Werk hören kann. Und genau deswegen wurde es in den Zyklus des heutigen Abends mit aufgenommen.

Frau Mecke hat echt ausführlich erklärt und gut gesprochen und auch mal einen kleinen Lacher oder Schmunzler mit eingepackt und das finde ich gut. Sie hat alle auf einen kleinen Fehler ihrerseits im Programmheft hingewiesen und nicht gesagt das war Person X oder Y, was mir sehr imponierte. Solche kleinen Fehler können ja schließlich passieren

Genau so etwas mag ich, ich sage ja auch an der Arbeit immer wieder, dass mir Fehler passieren und oft genug passieren sie auch hier auf dem Blog. Klar schaut meine sehr gute Freundin Heike immer wieder darüber, aber Fehler passieren nun mal, wenn man arbeitet. Wie hat mein Opa immer gesagt, keine Fehler machen nur die, die nichts machen.

Kommen wir nun zum eigentlichen Konzert, wobei, da muss ich noch etwas loswerden. Bitte das nächste Mal die Einführung weniger lang oder weniger interessant, damit man sich vorzeitig rausschleichen kann. (Achtung, Ironie!) Es führt sonst zu kleinen logistischen Problemen. Selbst bei den Männern auf der Toilette musste sich etwas gesputet werden.

Aber man kam doch noch pünktlich in die Vorstellung. Also das nächste Mal vielleicht etwas kürzer, aber gut und vor allem wichtig fand ich bis jetzt jede der Einführungen. Deswegen wollte ich auch keine Minute verpassen.

Die zwei Stücke von Haydn, die Einleitung und das Erdbeben, war wirklich gut zum Reinkommen in den Abend. Es war schön anzuhören und doch irgendwie schon oft gehört. Vor allem um die Osterzeit kommt dies doch häufiger in Funk und Fernsehen.

Es war aber wichtig, denn ohne etwas zum Aufwärmen des Gehirns und der Ohren wäre ich bei dem Stück von Sofia Gubaidulina total überfordert gewesen. Ich hätte glaube ich abgeschaltet und dies lag sicherlich nicht an den beiden Solisten. Was Attila Hündöl (Cello) und Eva Zöllner (Akkordeon) da geleistet haben war großes Kino! Es war gut, dass wir zu zweit da waren. Ich glaube Heike und ich haben uns jeder auf einen anderen Solisten eingeschossen. Ich bin eher so beim Violoncello hängen geblieben. Ehrlich, was da für Töne rausgekommen sind! Sie klangen für meine Ohren teilweise ein wenig schräg, aber das ist der häufige Effekt, den Zwölftonmusik auf Zuhörer hat. Es erscheint schräg, aber das muss so. Dieses gefühlte Chaos hat sehr klare Regeln. Es wurde mit so einem Feingefühl gespielt und ja, man hat es gemerkt, es war anstrengend für den Solisten. Was da für Töne angeschlagen wurden, war faszinierend, vor allem ganz am Schluss, dieses ich würde sagen Hintergrundrauschen, als würde sich etwas entfernen und von weiter Ferne gespielt werden und als wäre es nicht von dieser Welt.

Aber auch Eva Zöllner, mit dem Akkordeon statt des Bajan, war umwerfend. Das Bajan ist eine russische Form des Akkordeons. Wenn ich an Akkordeon denke, dann sind es eher so die Schifferklaviere mit den typischen Seemannsliedern, die mir in den Sinn kommen, aber was Frau Zöllner da gezeigt hat, was da für Töne und vor allem Zwischentöne rausgekommen sind war beeindruckend. Teilweise klang es so als würde jemand Luft holen, dann so schräge, schiefe Töne, die dann aber zusammen mit Attila Hündöl zu einem ganzem wurden. Die beiden Solisten spielten wirklich symbiotisch.

Dazu die Streicher des Stadttheaters, die immer wieder genau auf dem Punkt da waren, das war ein Erlebnis. Gemeinsam mit den beiden Solisten haben sie mich eingefangen, auch wenn es für mich schwierige Musik ist. Und da bin ich wieder bei meinem laufenden Thema. Ich sehe und höre mir im Stadttheater Dinge an, die ich mir sonst um keinen Preis der Welt anhören würde. Sofia Gubaidulina wird sicherlich nicht auf meine Klassikplaylist landen und wenn, dann vielleicht mit einem anderen Stück. Zwölftonmusik wird sicher nicht meine geliebte Klassikmusik werden, aber wenn sie noch mal im Stadttheater gespielt wird, werde ich sie mir wieder anhören, soviel ist sicher.

Komme ich nun zu Schostakowitsch. Der wurde nach der Pause gespielt und wieder war es so, dass es nicht die Geige oder Viola war, die mich abgeholt hat, sondern es war ganz anders. Es war die Tuba, die Oboen, Flöten, und auch die Posaunen, die mich abgeholt haben. Das Holz und das tiefe Blech haben mich verzaubert, sowohl durch diese Kraft, aber auch diese Zurückhaltung im Spiel. Mal geht es richtig in den Vordergrund, aber dann wird sich zurückgenommen. Die Flöten sind warm und verspielt, aber dann ist da wieder dieses Schlagwerk mit dem Xylophon und dem Glockenspiel an der Spitze. Die verschiedenen Rhythmen und dieser „kleine“ Gong, der richtig im Hintergrund bleibt, als wäre er gestreichelt worden und dennoch immer im Hintergrund zu hören ist, sind beeindruckend. Es ist eine Symbiose zwischen diesen verschiedenen Registern auf der Bühne.

Und da sind wir wieder bei den Kleinigkeiten, die das große Ganze ausmachen. Ich bin durchaus mehrmals im Monat im Stadttheater meiner Heimatstadt. Man kennt sich mittlerweile, da sind die Damen und Herren der Abendkasse, da gibt es die Menschen, die einem den Platz zuweisen und man erkennt sich. Man nickt sich zu, man lächelt einen an. Man fühlt sich zuhause. Ich bin klar der Meinung, geht in euer Theater vor Ort oder wo immer in eurer Nähe es ein Theater gibt, besucht es.

Seht euch das Programm an. Probiert es einfach mal, wie es ist, so ein Theaterstück zu sehen, vielleicht mit einem Familienstück oder einem lustigen Schauspiel, oder probiert mal eine Oper, ein Klassisches Konzert, was auch immer, Geht zu dem Theater, sprecht mit den Menschen an der Theaterkasse, erzählt ihnen was euch vorschwebt und ich kann euch sagen, seid freundlich und höflich zu ihnen, und sie werden euch gut beraten.

Wenn ihr dann im Theater seid, lächelt die Mitarbeiter mal an und sie werden euch auch anlächeln. Ja, hätte ich vorher gewusst was mich bei Sofia Gubaidulina erwartet, ich hätte vielleicht dann doch gesagt, ich kann das nicht, aber jetzt bin ich froh, dass ich es gemacht habe.

Wie wäre es? Wagt es auch und lasst euch mal von klassischer Musik live und direkt verzaubern. Wie immer, schaut euch um und nehmt es war, genauso wie bei Büchern birgt es viele positive Emotionen, die man so nicht erwartet hat.

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