Ein Sommernachtstraum

Wie wäre es mal mit einer Premiere im Stadttheater Gießen? Da rufe ich immer wieder hier! Diesmal gab es einen Sommernachtstraum von Benjamin Britten nach einem gewissen William Shakespeare, nun dürfte man ja meinen, dass Shakespeare bei mir als Literaturblogger zur Standardausrüstung zählt, aber ich bin eher mit Böll oder Grass in meiner Jugend konfrontiert worden. Und in der Schule na da waren es eher Goethe oder Schiller und im Englischunterricht hat man sich eher mit Robin Hood oder Sherlock Holmes auseinandergesetzt und darüber auch mal ein Theaterstück selbst geschrieben hat.

Ich gehe dann, wie heute, lieber wieder unvorbelastet in die Aufführung und diesmal wirklich komplett. Irgendwie ist momentan mein Zeitkontingent komplett am Limit, dadurch schaffe ich solche Vorleistungen nicht mehr, aber es gibt ja die Einführung – diesmal von Christian Förnzler. Liebes Stadttheater, bei den Premieren ist die Einführung teilweise akustisch schwer zu verstehen, vor allem, wenn man noch mal Platz machen muss oder sonst irgendwelche Probleme auftreten, oder der Redner vorne sich ein wenig verhaspelt und von den Gängen die Geräuschkulisse anschwillt, kann man der Einführung nur schwer folgen. Vielleicht könnte man überlegen, ob man das ganze vielleicht entzerren kann?

Komme ich nun zum eigentlichen Stück. Wir sind in einem Zauberwald und das Elfenkönigspaar Oberon, gespielt von Meili Li, und Tytania, gespielt und gesungen von Annika Gerhards, haben einen Streit, wie man ihn einfach auch selbst wohl in jeder Ehe oder Beziehung kennt. Dass dann Oberon seiner Frau einen Streich spielen will, wer kennt das nicht? Dass solche Streiche auch nach hinten losgehen können, kennt wohl auch jeder und wenn man dann auch noch Zaubern kann, oder ein Liebeskraut zur Verfügung hat, kann dies wirklich verheerende Folgen haben. In diesem Falle trifft Lysander (gespielt von Johannes Strauß), Demetrius (gespielt von Nikolaus Nitzsche), Hermia (gespielt von Jana Markovic) und Helena (gespielt von Julia Auraujo). Hier bin ich dann auch bei dem großen Kritikpunkt an der Oper. Also nicht der Gesang oder das schauspielerische Können der vier ist ein Problem, sondern das alle vier mehr oder weniger gleich Aussehen. Gut, die Männer konnte man trotzdem, dass sie die gleiche Kleidung trugen und auch alle rote lange Haare hatten, durch den Bart des einen gut auseinanderhalten, das Problem waren die beiden Frauen. Sie sahen sich auf die Entfernung zum Verwechseln ähnlich. Nur wenn sie nicht nebeneinander standen war es einfacher, da es doch einen deutlichen Größenunterschied gab. Ein kleines Accessoires und es wäre für den Zuschauer einfacher gewesen dem Ganzen zu folgen, und wenn es ein anderer Grünton gewesen wäre, nur etwas ganz kleines, aber es würde dem Publikum helfen. Auch wenn natürlich die Verwechslung der Personen ein wichtiger Punkt im Stück ist. Stimmlich kann man die Personen sehr gut auseinanderhalten. Auch die Leistung als Schauspieler kann man als sehr gut bezeichnen. Wie schon bei Caterina Cornaro hat man es auch geschafft, durch Kleinigkeiten dem Ganzen eine besondere Tiefe zu geben.

Dass das schattenhafte Wesen Puck Lysander das Kraut gibt anstatt Demtrius und der sich dann in Helena verliebt anstatt, weiterhin seine Hermia liebt, und dass es da fast zum äußersten kommt, kann man sich vorstellen.

Durch den Liebessaft verliebt sich Oberons Frau in den Esel Bottom (gespielt von Grga Peros), der eigentlich gerade mit den anderen Handwerkern im Zauberwald ein Schauspiel proben will. Spätestens da merkt man, dass Oberons Plan etwas aus dem Ruder gelaufen ist, aber es hat alles irgendwie auch so seine gewisse Komik.

Die Handwerker haben dann im zweiten Teil, nachdem Oberon und Puck die Verwirrungen wieder beseitigt haben, ihren großen Auftritt bei doch Hochzeit von Hippolyta und Theseus und alleine für dieses Schauspiel lohnt sich der Eintritt. Wirklich, seht es euch an! Ein besonderer roter Faden ist dieser Hase, der immer wieder erscheint. Man kann sich in ihn verlieben, auch wenn ich für diesen Hasen verschiedene Ansätze habe, wer er ist und was er da macht und vor allem, was er bedeutet, ganz sicher bin ich mir trotzdem nicht.

Ich könnte wieder zu jedem der Schauspieler etwas schreiben, denn jeder ist einfach sehens- und hörenswert. Man muss sie einfach als Gesamtheit erleben, sie spüren und hören.

Aber auf etwas möchte ich noch mal besonders eingehen – der Kinder- und Jugendchor des Stadttheaters Gießen unter der Leitung von Martin Gärtner. Was sie als Elfenchor da geleistet haben, da kann ich nur meinen nicht vorhandenen Hut ziehen! Richtig tolle junge Stimmen! Auch die Sängerinnen von Cobweb, Peaseblossom, Mustardseed und Moth kann ich nur loben. Dies sind tolle Stimmen, tolle Sängerinnen, die ich gerne höre. Sie sind noch so jung und haben so viel Potenzial. Auch diesen Mut als Theater zu haben und zu sagen, he, das können diese jungen Stimmen, muss man einfach loben. Denn es erfordert auch Mut, dass diese Kinder und Jugendliche in so einem Stück auch eine tragende und wichtige Rolle spielen. Ich hätte mir beim Schlussapplaus vielleicht gewünscht, dass man diesen Chor noch etwas nach vorne geschoben hätte.

Komme ich nun zu noch etwas, was diesen Schlussapplaus so schön gemacht hat. Es ist ja schon schön, dass der Dirigent des Orchesters nach oben kommt, was mir aber heute beim Premierenabend besonders gefallen hat war, dass das komplette Orchester nach oben auf die Bühne gekommen ist und nicht im Orchestergraben geblieben ist.

Jeder einzelne, egal ob Instrumentalist, Sänger, Regie, Dramaturgie, Beleuchter, Kostüme, Bühnentechnik oder was auch immer, hat bei einem solchen Abend mindestens einen Applaus verdient. Ohne dieses Zusammenspiel der einzelnen Gewerke, würde es nicht einen so tollen Abend geben. Jede noch so kleine Rolle oder noch so kleine Hand, die da was gehalten hat, ist wichtig! Jede/r Sänger/in, die ich nicht namentlich erwähnt habe, ist wichtig und hat einen tollen Abend gezaubert.

Dass vielleicht das ein oder andere nicht zu 100% perfekt ist, mag an dem Abend liegen, vielleicht auch an dem Sitzplatz, aber auch an den eigenen Empfindungen und Erfahrungen. Selbst bei Heike und mir gab es bei bestimmten Punkten verschiedene Meinungen und Empfindungen und das ist gut so, denn Kultur ist immer für jeden Menschen etwas anderes. Die Oper, die jedem gleich gut gefällt, wird es nicht geben und das ist gut so. Ich finde aber, dass das Stadttheater auf einem guten Weg ist, sich weiter zu entwickeln. Die Stimmen und den Mut haben sie! Jetzt ist das Publikum gefordert. Gehen sie hin und bilden sie sich ihre eigene Meinung! Ich werde immer und immer wieder in die Oper, ins Theater und auf Konzerte gehen, denn ich werde immer wieder im Theater auf eine ganz besondere Art ergriffen und erlebe dies alles viel intensiver, als ich es sonst vor dem Bildschirm erleben könnte. Wie wäre es auch mal mit ihnen im Theater? Einen Versuch ist es wert!

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