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Endlich mal wieder eine CD-Kritik!

Als mich Johannes Öllinger anschrieb und fragte, ob ich zum CD-Release hin eine Kritik schreiben würde, war ich erst mal voller Vorfreude.

Dies änderte sich, als ich feststellte, dass mein CD-Player nicht mehr so will, wie er soll und die CD gar nicht mehr hergeben wollte. Warum ich dies schreibe? Einfach damit man merkt, wie lange ich schon keine richtige CD mehr gehört habe und ich fast täglich mein Leben mit MP3s bestreite.

Nach den anfänglichen Schwierigkeiten konnte es endlich losgehen und bei „Sehen Sie Milena“, einem vertonten Brief von Franz Kafka an Milena Jesenskà war mir bereits nach den ersten Takten klar, diese Stimme mag ich und auch die Art, wie er mit der Gitarre umgeht. Ich konnte mir bildhaft vorstellen, wie Kafka den Brief an die junge Journalistin Milena Jesenskà genau so geschickt hat. Wobei Johannes Öllinger seine Texte wohl immer aus Textstücken der betreffenden Autoren zusammengesetzt hat.

Weiter geht es mit Wilhelm Busch, der sich anscheinend ein wenig in die Schriftstellerin Marie Anderson verliebte, die wohl nur eine gute Freundschaft haben wollte und Wilhelm Busch nur platonisch liebte. Wobei dieses Lied ganz anders ist als der erste Song, vom Text als auch vom Tempo und der Emotion.

Besonders irritierte mich dann das Lied mit den Briefen von Otto von Bismarck an seine Verlobte Johanna. Nochmals anders als die beiden vorher, mit einer ganz anderen Substanz und Tempo und ein bisschen zackig. Öllinger zeigte auch, dass Bismarck sich seiner Schwächen und seiner Kanten sehr wohl bewusst war. Er verglich seine eigenen Fehler mit Dornen, die sehr schmerzhaft sind, und er liebte seine Johanna über alles, auch mit „den kleinen Stacheln“, wie er ihre Fehler nannte.

Ich könnte mich natürlich über jede der Personen auslassen, möchte aber trotzdem einige überspringen und auf den Song „Illness“ hinweisen, der nicht wie die meisten anderen auf Deutsch, sondern auf Englisch ist. Öllinger verwendet darin die Briefe eines mittellosen Dichter, John Keats, der einer Bürgerstochter Liebesbriefe schrieb.

Ich weiß noch nicht mal, warum es so hängen geblieben ist, es gibt ja noch die anderen Lieder mit Briefen von Oscar Wilde oder Scott Fitzgerald, aber irgendwie hat mich gerade dieser englische Song so richtig eingesaugt und ich könnte ihn stundenlang hören. Diese Stimme und Betonung rief einfach etwas in mir hervor, was bei den anderen beiden englischen Liedern mir persönlich fehlte.

Auch Sophie Scholl ist auf der CD vertreten, die an ihren Verlobten an der Front schrieb. In diesem Lied geht es um „Mut haben“ und „an das Gute zu glauben“, was für mich eines der wichtigsten Dinge ist. Auch in der heutigen Zeit sollte man immer an das Gute im Menschen glauben.

Wie ihr seht, ist die Auswahl der Lieder facettenreich. Verschiedene Themen werden behandelt, jedes der Lieder klingt anders, und so manches hat mich besonders gepackt.

Und ich weiß eines, ich werde sicherlich in den nächsten Wochen noch das eine oder andere Mal die CD in meinen neuen CD-Player legen und sie mir anhören und ich bin sicher, dass mich dann wieder andere Lieder ergreifen und Emotionen in mir wecken, die vorher nicht da waren.

Es gibt Lieder, da musste ich schmunzeln, Lieder bei denen ich komischerweise kleine Tränen in den Augen hatte und dies sogar, obwohl ich nicht zu 100% auf den Text geachtet hatte, es war einfach so. Ich finde die Stimme von Johannes Öllinger ist unaufdringlich, aber trotzdem sehr emotional und das Gitarrenspiel passt sich genau seiner Stimme an oder aber seine Stimme der Gitarre, beides hat eine gewisse Wärme und man hört es gerne. Die Idee mit den Briefliedern finde ich klasse, die Zitate aus den Briefen sind wirklich gut gewählt und passen zueinander. Hoffentlich hat Johannes Öllinger mit der CD Erfolg und vielleicht kommt ja noch einmal eine Brieflieder-CD. Ich bin gespannt, welche Personen er dann auswählen wird. Ich finde es spannend und schön.

Aber eines kann ich auch sagen: diese CD ist wie ein Hörbuch. Man muss sich auf sie konzentrieren, sie lässt wenig Nebenbeschäftigung zu. Die 16 Lieder nehmen einen mit Haut und Haar gefangen und lassen einen auch später noch nicht wirklich los.

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