Lukas

Wer mich kennt, weiß eins mit Sicherheit: Erzählbände sind nicht gerade meine große Leidenschaft. Bei Autoren, die den Büchner-Preis gewonnen haben, tue ich mir noch schwerer. Wenn dann der Autor auch noch aus der Schweiz kommt, wird es echt eng, ob ich auf diese Lesung überhaupt gehe.

Das einzige Argument, das dafür sprach war das Literarisches Zentrum Gießen (LZG), ein Verein, der mir mittlerweile sehr ans Herz gewachsen ist. Und so war bei einem kurzen Besuch im Büro sehr schnell klar, dass ich schließlich doch hingehe und eine der letzten Karten mitnehme. Die Worte von Ekatherina Doulia und Laura Wagenbach waren sehr überzeugend. Und nein, nicht weil sie mir schöne Augen gemacht haben, sondern weil ich den Mitarbeitern im Literarischen Zentrum einfach vertraue, was Sie auch tun sollten.

So bin ich also bei der Lesung im taT angekommen. Und wer mich kennt, weiß auch: entweder kenne ich den Autoren persönlich oder ich lasse mich einfach überraschen. Dies handhabe ich bei Lesungen wie Konzerten oder anderen Veranstaltungen gleichermaßen.

Die erste Überraschung an diesem Abend war, wer die Moderation übernimmt. Es war der Verleger des Wallstein-Verlags Thedel von Wallmoden. Ich bin ja nun schon über einige Verlagsmenschen in meinem Leben gestolpert und es ist immer wieder faszinierend, zu erleben wie wenig wichtig sie sich nehmen. Das in Kombination mit diesem gewissen Leuchten in den Augen, wenn sie über ihre Autoren und Bücher sprechen, macht sie unglaublich sympathisch. Dabei fällt mir dann immer auf, dass die meisten genau solche Büchernerds sind wie die Buchblogger oder die Buchhändler etc. Jeder dieser Büchermenschen brennt für die Bücher, die er liest und die er liebt.

Die Unterhaltungen zwischen Moderator und Autor gestalteten sich locker, es machte Spaß das Wechselspiel, wie sie sich gegenseitig ein wenig necken, zu beobachten. Es wurde über die Zusammenarbeit zwischen dem Literarisches Zentrum Gießen und dem Pendant in Göttingen erzählt und somit auch über den Wallstein-Verlag, der ebenfalls aus Göttingen kommt.

Komme ich nun endlich zur eigentlichen Lesung. Bärfuss wählte zum Einstieg den Erzählband, aus dem er zwei Erzählungen vorlas. Und was soll ich sagen? Ich war ja anfangs etwas skeptisch über den Dialekt oder so, aber es war wie bei einer ehemals sehr guten Bekannten, irgendwas hat dieser Zungenschlag und es hat mir von der ersten Minute an sehr gut gefallen, wie er mit der Sprache spielt. Ich musste einfach anfangen zu lachen und ich merkte, wie sehr sich meine anfängliche Ablehnung in eine unbändige Freude verwandelte. Ich wollte immer mehr hören, immer mehr über die Geschichten in Malinois erfahren.

Danach gab es eine Passage aus seinem Roman „Hundert Tage“. In diesem Roman geht es um Entwicklungshilfe und den Genozid in Ruanda. Das Kapitel, das Bärfuss ausgewählt hatte, war einfach nur gut. Mit einem leichten Augenzwinkern erzählt, muss man trotzdem bei ein paar Situationen zumindest schmunzeln.

Auf Nachfragen aus dem Publikum im Anschluss an die Lesung – von Lesern, die das Buch bereits gelesen hatten –, ob dieses Buch nicht zu schwarzmalerisch geschrieben sei in Bezug auf die Entwicklungshilfe, musste Lukas Bärfuss leider verneinen. Er stellte noch einmal klar, dass alles in dem Buch auf seine Richtigkeit geprüft wurde und dies mehrfach.

Zum Abschluss gab es noch eine Erzählung aus dem Erzählband „Malinois“, wobei man wieder feststellen muss, dass der Verleger nicht unbedingt immer das Sagen hat, denn dieser hatte sich eine andere Geschichte gewünscht als jene, die Lukas Bärfuss schlussendlich vorlas. Diese kreative „Diskussion“ der beiden war immer wieder angenehm zu sehen und zu hören.

Komme ich nun zum Fazit des Abends: 90 Minuten können verdammt kurz sein oder zu kurz. Ich bin den beiden Mitarbeiterinnen des LZG sehr dankbar, die mich ein wenig geschubst haben, ohne es zu merken, dort hinzugehen. Ich bin so was von neugierig auf die Bücher von Lukas Bärfuss geworden, dass ich schon überlege, wie ich diese am besten mal einbaue.

Aber auch den Wallstein-Verlag würde ich gerne etwas genauer kennenlernen. Und da waren sie wieder, meine Probleme … meine Büchersucht ist nun mal schon sehr ausgeprägt und das Literarisches Zentrum Gießen wird dieses Problem nicht beheben, sondern eher noch verschärfen. Ich, für meinen Teil,  kann nur jedem empfehlen diesen Autor zu besuchen, wenn er in der Nähe eine Lesung hält. Man wird sehr gut unterhalten, auf einem hohen Niveau, von einem Autor, der wirklich sehr viel zu sagen hat.

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