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Es wird für mich ja immer schwieriger objektiv bei manchen Autoren zu bleiben, so z.B. bei Natasha Korsakova, wo schon man schon von einer gegenseitigen Wertschätzung und Freundschaft zu sprechen ist. Dies macht das Schreiben einer Kritik schon etwas schwieriger.

Ich muss ja schon sagen, so eine Lesung in einer Trockenhalle für frisch gedruckte Zeitungen, ist schon etwas Besonderes. Wenn man weiß, dass da auch noch, wie im Falle von Natasha Korsakova, neben der Lesung, die Geige eine große Rolle spielt, dann ist schon eine gewisse Skepsis vorhanden. Kann der Raum akustisch das bieten, was ein virtuoses Geigenspiel fordert?

Begrüßt wurden wir vom Herausgeber der Gießener Allgemeinen Zeitung, Dr. Max Rempel, der auch sofort an Manfred Merz übergab. Dieser erklärt, dass er mittlerweile mit Natasha Korsakova per du ist und so war es lockerer als vor 12 Monaten. Er war präsenter, lockerer und wärmer als ich es vom letzten Jahr in Erinnerung hatte.

Das Wechselspiel zwischen Natasha Korsakova und ihm war etwas, was mir letztes Jahr nicht so gut gefallen hatte, aber diesmal hat es mich schon gleich gefangen genommen.

Eine Lesung von Natasha Korsakova startet auch gleich mit einem klassischen Stück. Diesmal startete sie mit Tommaso Vitali: Chaconne und dann gab es für mich die größte Überraschung des Abends. Diese Halle mit all ihren Geräten klang zumindest in der Mitte wo wir saßen wirklich richtig gut, viel besser als ich es erwartet hatte. Womit ich die Augen schließen und die Musik genießen konnte.

Natasha Korsakova erklärte viel über „la Familia“. Wenn sie vorlas gab sie einem das Gefühl, da ist noch viel mehr Wissen als das, was sie in dem Buch verarbeitet hat.

Zwischendurch gab sie auch wieder klassische Musik zum Besten, wie z.B. J.S.Bach: Largo aus der Sonate für Violine Solo Nr. 3 C-Dur. Sie erzählte etwas über Bahnreisen und wie sie in Herborn landete, als sie die Familie Lischper besuchte, und somit auf dem Weg nach Göttingen wieder nach Gießen zurück musste.  Man bekommt so ein bisschen das Gefühl, dass sie diese nach außen hin nicht gerade schöne Stadt Gießen auch ein wenig mag und ins Herz geschlossen hat. Gießen und das Umland ist für die meisten vielleicht nicht der schönste Flecken Deutschlands, aber Gießener sind im allgemeinen doch sehr warmherzige und offene Menschen!

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Es ging musikalisch immer wieder im Wechsel zur Lesung weiter und man merkte, dass Natasha sich doch etwas hat treiben lassen und so stelle sie uns ein Medley vor, welches sie selbst Komponiert hatte Natasha Korsakova: Medley, inspiriert von A. Piazzolla Tangos (mit N. Paganini und S. Rachmaninov Themen). Es war wirklich ein Genuss dies zu hören und die Frage, die ich mir manchmal stelle ist, was können eigentlich Musiker noch alles? Komponieren, ihr Instrument virtuos spielen, viele unterschiedliche Sprachen sprechen, im Fall von Natasha Korsakova auch noch spannende Krimis schreiben und diese auch noch gekonnt dem Publikum vorlesen – ich bin immer wieder begeistert.

Zum Abschluss gab es noch von Eugene Ysaye: “L’Aurore” aus der Sonate für Violine solo Nr. 5. Sie wurde noch einige Male mit Applaus nach vorne gerufen und gab noch eine Zugabe, nämlich „Hey Jude“ von den Beatles. Im Gespräch nach der Lesung mit viel Musik war sie der Meinung, dass sie da noch ein wenig dran arbeiten und feilen müsse. Ich finde aber gerade das macht es aus. Es ist wie immer mit der Musik – es ist immer etwas Persönliches. Die Episoden der Lesung zwischen der Musik, die ich ja nun etwas ausgiebiger beschrieben habe, waren sehr gut gewählt und machen mich neugierig auf das Buch. Die Art wie Natasha liest, hat etwas Warmes und nie gekünsteltes. Sie ist so wie man sie auf der Lesung erlebt, offen und mit dem Herzen bei der Sache, egal ob es nun das Buch, oder die Musik ist. Es liegt in jedem Moment, wenn sie die Violine in die Hand nimmt ist sie die Musikerin und wenn sie ein Buch in die Hand nimmt, die Autorin. Für mich ist es immer wieder ein Highlight, sie zu erleben.

Noch etwas zu Manfred Merz, ich war ja letztes Jahr ein wenig kritisch mit ihm. Wie ich aber am Anfang schon sagte, er war diesmal einfach wärmer und lockerer. Nach der Lesung imponierte mir, dass er auch etwas über Klangwellen und über die Positionierung von Natasha und ihrer Geige im Raum erklärt hatte. In dem Moment wo er mir dies erzählte, kamen mir auch wieder die Erklärungen im Musikunterricht in der Schule in den Sinn. Ich bin immer wieder dankbar, dass ich Lehrer hatte, die genau dies erklärten, auch wenn ich dann, wenn so etwas hochkommt, etwas abwesend erscheine, bin ich Herrn Merz sehr dankbar für diese Erläuterungen und es zeigt mir immer wieder, man sollte anderen Menschen immer wieder Chancen geben und sich einfach drauf einlassen. Manchmal täuscht der erste Eindruck doch. Gehen sie einfach mal auf eine Lesung, egal wo egal bei wem, am liebsten natürlich bei Natasha Korsakova. Und lesen Sie mal wieder eine Zeitung! Nehmen sie sich aber auch mal nicht nur den Lokalteil oder Sportteil, nehmen Sie auch mal das Feuilleton in die Hand. Diese Journalisten, die da schreiben, brennen für Musik oder Kultur im Allgemeinen! Lesen sie nicht nur in Blogs oder im Internet, nehmen sie doch einfach mal die Zeitung in die Hand. Es ist und bleibt ein anderes, ein schönes, Gefühl.

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