Zuschauerraum-STG

Mieczyslaw Weinberg – kennt man diesen Komponisten? Wohl eher nicht, wenn dann wohl eher nur die Spezialisten. Ich als Normalsterblicher muss sagen, dieser Komponist sagte mir wie so oft nichts, aber die beiden Stücke von ihm, zum einen die „Rhapsodie über Moldawische Themen“ op. 47/1 und zum anderen das „Konzert für Violoncello & Orchester“ op. 43, waren der Hammer! Es war WOW!

Aber erstmal von vorne. Mieczyslaw Weinberg wurde am 8. Dezember 1919 in Warschau geboren und ist über Minsk und Taschkent nach Moskau gekommen, da er vor den Nazis geflüchtet ist. Unter Stalins Diktatur landete er in einem Gulag, wo er nur deswegen überlebt hat, da Stalin verstarb und er aus dem das Glück hatte entlassen zu werde. Nicht jeder wurde automatisch rehabilitiert. Er konnte weiter als Komponist arbeiten. Dabei half vermutlich auch, dass er von Schostakowitsch gefördert wurde und dieser auch Weinbergs erste Sinfonie abgenickt hatte.

Man merkt, es ist wieder ein richtig runder Abend in Aussicht gestellt worden und ja, ich hatte keine Ahnung von Mieczyslaw Weinberg. Man könnte auch sagen, ich war unvoreingenommen. Ich war schon beim ersten Stück des Abends vollkommen hin und weg. Dieser Wechsel zwischen Violine, Flöte und Klarinette waren umwerfend. Dazu sowohl die Wucht und das Sensible im Wechsel waren wirklich so, wie ich mir Moldawien und die Musik dort vorstelle. Dieses Flair und die Landschaften konnte ich teilweise doch raushören oder meinte es zumindest. Und ich konnte verstehen, dass ich danach gehört habe, wie sich auch andere Gäste wunderten, warum man diesen Komponisten nicht kennt.

Kommen wir nun zum zweiten Stück von Mieczyslaw Weinberg an diesem Abend mit dem österreichischen Cellisten Christoph Stradner. Sein Violoncello stammt von niemand geringerem als Antonio Stradivari. Wie sagte meine Kollegin Heike: Das Instrument ist nur immer so gut, wie der der es spielt. Was soll ich sagen? Dieser Mann kann es! Als ich mir das angehört habe, was er im Solo spielte und wie schnell er gegriffen hat – ich hätte mir sämtliche Finger und Knochen in der Hand gebrochen. Es klang einfach nur toll! Dann das Zusammenspiel mit dem Philharmonischen Orchester Gießen! Es war einfach nur herrlich! Diese Melancholie in der Musik mit den tiefen Tönen war einfach nur schön anzuhören.

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Somit war die Pause irgendwie anders als beim 1. Sinfoniekonzert, wo ich doch ein starkes Bauchgrummeln bei den Gästen gehört habe. Hier wurden Programm und Musiker sehr gelobt.

Komme ich nun zu Schostakowitsch. Klar sagte er mir etwas. Allerdings ist es ja manchmal so, dass man nicht immer alles gleich gedanklich richtig verknüpfen kann, aber bei den ersten Takten ist alles wieder da und man fühlt sich wohl, so auch diesmal. Aber auch die Geschichte von Schostakowitsch ist sehr interessant und prägt sein Werk. Er war zwar berühmt, aber nicht völlig stumm gegenüber dem Regime. Er hat sich kompositorisch gegen Stalin gestellt und über die 5. Sinfonie in d-Moll wird sogar gesagt, dass das Marschfinale kein Triumphmarsch war, sondern eher ein Todesmarsch.

Aber dies wie gesagt, kann man so oder so auslegen und heute gab es ja nicht die 5. Sinfonie, sondern die 1. in f-Moll. Einfach mal die Augen schließen und zuhören, manchmal wollte ich auch nur noch in die Musik eintauchen. Ich habe die immer wieder eingestreuten Soli und Tempowechsel genossen. Es war schön zu sehen, wie die Musiker teilweise abgegangen sind, wie sie die Musik ausgelebt haben.

Es war also wie immer – ein wunderbarer Abend! Man sollte einfach dem Sinfoniekonzert im Stadttheater eine Chance geben und hingehen, egal welches Stück, egal ob man den Komponisten kennt, oder nicht. Man kann doch mal einen neuen Komponisten kennenlernen und ja, die Karten sind immer ihr Geld wert. Es würde mich sehr freuen, wenn der Anteil an jüngeren Menschen noch ein wenig in die Höhe steigen würde, denn klassische Musik kann Saiten in einem zum klingen bringen, die Popmusik oder andere Musik nicht annähernd so anschlagen. Also, wie wäre es mal neue Komponisten und klassische Musik kennenzulernen? Das nächste Sinfoniekonzert ist übrigens am 05.11.2019. Kennen sie Pantscho Wladigerow schon? Nein? Ich auch nicht, aber ich werde ihn da kennenlernen.

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