The Waiting Room

So langsam wird das Leben nach Corona doch wieder etwas normaler. So verlasse ich meine Komfortzone sehr gerne und betrete wieder das englischsprachige Keller Theatre in Gießen, diesmal mit meiner sehr guten Freundin Heike. Da sie Anglistik studiert hat, sollte sie ja schon häufiger im Keller Theatre gewesen sein als ich. So war es dann doch nicht. Mangels Menschen die mitkommen, war sie noch nie da. Kaum zu glauben, aber wahr. Also habe ich dann Karten besorgt (sie kosten 12,50€) und los geht’s.

The Waiting Room

Das Theater ist diesmal auf der kleinen Bühne, der eigentlichen Heimat des Keller Theaters und des Tinko Kindertheaters. Man spürt gleich wieder diese Herzlichkeit und diese Wärme, der Menschen, die dieses Theater am Leben erhalten. Und da waren sie aber trotzdem wieder: meine Probleme in den ersten Minuten. Mein Gehirn wandelt Englisch nicht so schnell im ersten Moment in Deutsch um. Das liegt wie so oft an der Übung. Ich benutze Englisch einfach nicht so oft im Alltag. Aber nach ein paar Minuten Eingewöhnung geht es.

Ganz wichtig! Es gilt 3G also getestet, geimpft, geboostert etc. und Maskenpflicht im Gebäude. Und eines vorweg, ich finde es richtig und wichtig. Wir sind noch lange nicht über den Berg, auch wenn dies viele Menschen glauben.

Also, Impfnachweis nicht vergessen und nicht wie ich meine Maske. Danke Heike, für das Aushelfen mit einer FFP2 Maske. Ehrlich, da hat man die Maske immer in der Jacke und Tasche etc., aber, wenn man dann mal ohne Jacke unterwegs ist, vergisst man sie schnell mal. In zwei Jahren Corona ist dies das erste Mal, dass mir dies passiert.

Komme ich nun zum Theaterstück. Es ist eine Weltpremiere und es ist auch ein selbstgeschriebenes Stück. Da muss ich dann auch den Hut vor dieser Leistung von Christoph Schucht und B. Kleinrensing ziehen, die beide zum einen das Stück geschrieben haben und auch die Schauspieler waren.

Man sitzt also im Theater und schaut auf die Bühne. Viele von uns haben sicherlich schon mal in so einem Warteraum gesessen, ob nun beim Arzt oder im Krankenhaus. In letzterem dauert es immer noch mal eine Stufe länger. Und ja, ich kenne es auch, dass man in so einem Warteraum mal liegt und schläft wie Nigel. Ich hatte wenigstens nicht noch meinen Schlafanzug an und nicht wie Nigel vor lauter Stress und Hektik vergessen, mich umzuziehen. Für mich so der erste innerliche Brüller, als Nigel von Sam geweckt wird.

Dann diese leichte Tollpatschigkeit von Nigel in den Minuten danach, es ist einfach zum Brüllen. Da ist das Problem mit der Toilettentür, oder das Kleckern beim Einschütten eines Bechers Wasser und man fühlt sich total unwohl und man denkt, dass kann nur mir passieren. Man sieht sich irgendwie selbst wieder.

The Waiting Room

Aber auch der leicht genervte Blick von Sam kommt einem wirklich sehr bekannt vor. Denn ganz ehrlich, ich kann auch immer weniger mit so hypernervösen Menschen anfangen, wenn ich im Wartezimmer sitze. Wobei ich dann auch meistens selbst so ein nervöses Hinkel bin. Dass dies dann besser wird, als die beiden sich anfangen zu unterhalten ist klar. Es ist einfach so, man verliert die Nervosität, wenn man sich mit dem Gegenüber unterhält und diese Story wie Nigel in dieses Wartezimmer kommt, ist einfach eine Geschichte wert. Dazu diese laufenden Anrufe von anderen Menschen, besonders von Tante Shirley, im gefühlten Minutentakt kennen wir glaube ich auch alle. Es hat doch jeder von uns schon mal so etwas Nervendes erlebt und wie Sam darauf reagiert. Es ist so schön, wie sie Nigel hilft. Ich hoffe, ich würde es genau so machen. Aber vor allem in der Tollpatschigkeit von Nigel kann ich mich voll wiederfinden. Es ist nicht dauernd so, sondern wie bei fast jedem von uns passiert immer mal wieder etwas.

Die beiden interagieren einfach von Minute zu Minute besser miteinander. Vor der Pause werden sie dann zu ihrem Freund bzw. zur Frau gerufen und sie verabreden sich, nachher über die Probleme von Sam zu sprechen.

Ihr besten Freund Tobias ist beim Sport der Tollpatsch der Nation. Wer bricht sich schon beim Tischtennisspielen die Knochen, oder beim ersten Mal Rugby spielen die Rippen? Ich sage da nur: Augen auf der Sportwahl. Da hat man dann als Notfallkontakt echt alle Hände voll zu tun. Wenn man dann auch noch in diesen Mann verliebt ist und man es nicht über die Lippen bekommt, dann wird das alles echt anstrengend, aber gerade dabei hilft dann Nigel eben Sam. Auch hier kommt es immer wieder zu lustigen kleinen Momenten, wo man sich einfach in beide verlieben kann.

Es gibt viele Situationen, in diesem Stück, die man einfach sehen und erleben muss und die 90 Minuten sind schnell rum zwischen Hilfe bei Beziehungsproblemen, Geschichten in der Familie, einer Auswahl an verschiedenen Namen und welche Namen man warum besser nicht nimmt usw.

Dazwischen die herrlichen Auftritte der Sprechstundenhilfe Doreen, welche immer mal wieder ermahnt oder auch aufräumt und natürlich beiden sagt, wann die Ehefrau oder der Freund einen sprechen will.

Es gibt viel Situationskomik und auch sprachlichen Witz und Charme und da bin ich wieder bei meinem Plädoyer: Geht auch mal in die kleinen Theater, natürlich auch in großen. Erlebt diese Kunst! Besucht die kleinen Bühnen vor allem auch jetzt, die Fixkosten waren in den letzten beiden Jahren genau die gleichen wie in den Jahren davor, nur ohne richtige Einnahmen. Unterstützt die Kulturschaffenden, dadurch, dass ihr zu ihren Veranstaltungen geht. Schreibt darüber, wie ich in einem Blog oder bei Facebook, Instagram etc., unterstützt sie damit. Bezahlt auch mal euren Eintritt selbst, auch wenn ihr in Pressefunktion darüber schreibt. Ich kenne viele Kulturschaffende in Gießen, die gerne geben, aber wir müssen ihnen auch erstmal wieder etwas geben, damit sie nicht eingehen. Geht wieder mehr weg, etwas weniger Netflix & Co. dafür mehr reales erleben, was Kunst und Kultur bedeutet. Das würde uns allen, auch mir, gut zu Gesicht stehen.

Ich bin Dankbar, dass es solche Menschen, wie die drei Schauspieler von The Waiting Room gibt, aber auch für dieses Team dahinter, welches uns mit viel Idealismus so ein Erlebnis ermöglicht. Ich freue mich auf das nächste Stück, welches im Oktober kommt und sehe mich sicherlich wieder in der Kleinen Bühne in Gießen sitzen und kurzweilige ca. 90 Minuten verleben.

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